Gute Projektarbeit: „Die eine Stunde im Meeting hätten wir uns sparen können.“

Vor einigen Wochen durfte ich in der Rolle des Projektleiters einen Projektstart-Workshop moderieren. Direkt nach der Veranstaltung kam ein Teilnehmer auf mich zu und sagte: „Herr Kiefer, die eine Stunde im Meeting hätten wir uns sparen können, oder nicht?“
Ich hakte nach: „Welche eine Stunde unseres zweieinhalbstündigen Workshops meinen Sie?“ Und schob gleich hinterher: „Sind Sie sicher?“

Was war passiert?
Zum Start des Projekts, das uns einige Monate beschäftigen würde, hatten wir im Start-Workshop mit der neu formierten Projektgruppe ein Zielbild erarbeitet und darin das erfolgreiche Ergebnis unseres Projektes skizziert. Wir hatten die Meilensteine endgültig festgelegt und ein Konzept verabschiedet, wie wir im Lauf des Projektes über unsere Arbeit informieren würden.

Um wirklich alle beteiligten Sichtweisen zu beleuchten, hatte ich allen zwölf anwesenden Mitgliedern des Projektteams nur eine Frage gestellt: „Welches ist der wichtigste Punkt, den Sie zum Projekt in die Gruppe geben wollen?“ Ich hatte für die Beantwortung dieser zentralen Frage bewusst Zeit eingeplant, damit jeder der zwölf Teilnehmer zu seinem wichtigsten Gedanken circa drei Minuten in der Gruppe sprechen konnte. Damit hatte ich den Raum geöffnet, die Teilnehmer abzuholen in ihren Sichtweisen, Sorgen und auch in ihrem Mitteilungsbedürfnis: Was ist dir wichtig? Was brennt dir auf der Seele? Womit bist du vielleicht nicht einverstanden? Wo ist dein Thema noch nicht ausreichend gewürdigt? Was fehlt aus deiner Sicht noch?

An dieser Stelle ist es wichtig, dass auf die Antworten, die von den einzelnen Teilnehmern kommen, nicht direkt eine Diskussion stattfindet. Wir diskutieren nicht, zerreden nichts, hören nur zu. Im Idealfall nehmen wir auch wirklich auf, was dem sich mitteilenden Kollegen wirklich wichtig ist. Der Austausch über Themen wie diese ist so wertvoll für den Projekterfolg. Wenn Sie es ernst meinen mit Beteiligung, dann erfahren Sie mit Fragen wie der obigen, was Ihre Mitarbeiter wirklich bewegt. Sie lassen echte Begegnung auf Augenhöhe zu und nehmen den anderen in seinem Anliegen ernst. Sie erarbeiten sich die Chance, aus der Zusammenführung der einzelnen Perspektiven aller Beteiligten ein wahrhaft großes Ganzes zu schaffen.

Hätten wir uns diese eine Stunde also wirklich sparen können?
Schreiben Sie mir, wie Sie das sehen?
By the way, es war keine Stunde, höchstens eine halbe.

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Bis dann und beste Grüße!

Thomas Kiefer

Fotonachweis: Thomas Kiefer / shutterstock: dotshock


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Kommentare

  • Hallo Herr Kiefer,

    vielen Dank, dass Sie diese kritische Stimme veröffentlichen und zur Diskussion einladen.

    Eine kluge Einstiegsfrage haben Sie gestellt, finde ich. Und auch Ihr Ansatz, diese Beiträge nicht zur Diskussion zu stellen, gefällt mir. Von daher meine Einschätzung: Diese Stunde war gut investiert.

    Wie geht man nun mit dem Kommentar des Teilnehmers um? Ich hätte vielleicht gefragt, warum er so denkt und fühlt. Evtl. auch fragen, was passiert wäre, wenn es diese (halbe) Stunde nicht gegeben hätte. Eher nicht in die Rechtfertigung gehen. Aber das lässt sich leicht sagen, wenn man nicht persönlich betroffen ist …

    Beste Grüße, Ralf Lengen

    Reply
    • Lieber Herr Lengen,

      herzlichen Dank für Ihre Einschätzung.

      Tatsächlich hatte ich den Teilnehmer gefragt, warum aus seiner Sicht diese „Stunde“ nicht notwendig gewesen sei. Seine Antwort: „Der Fall ist doch klar. Wir wollen im Projekt Ziel A erreichen, dafür setzen wir die Maßnahmen B,C,D,E und F um. Was gibt es darüber noch zu diskutieren?“ Daraufhin hatte ich ihn gefragt, ob er aus den Antworten der Teilnehmer neue Erkenntnisse für unser Projekt gewinnen konnte, und wenn ja welche. Das hatte er mir dann gleich positiv bestätigt.

      Im weiteren Verlauf entstand dann ein interessanter Austausch. Wir fachsimpelten über Beteiligung, Perspektivenwechsel, Konsent-Runden und weitere Möglichkeiten, im gemeinsamen Miteinander mehr und mehr auch zu wirklich gemeinsamen Entscheidungen zu kommen, die dann alle mittragen können.

      Ja, auch dieses Gespräch kostete Zeit. Eine wertvolle Investition, wie ich finde.

      Mit der Wahl geeigneter Methoden sparen wir im weiteren Projektverlauf diese Zeit an anderer Stelle um ein Vielfaches wieder ein.
      Und: Mindestens genauso wichtig. Gerade Gespräche wie diese sind es doch, die uns im täglichen Tun wirklich weiter bringen.

      Herzliche Grüße, auch an Salomo, Rockefeller & Co.

      Reply

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