
Ein Bereichsleiter eines mittelständischen Unternehmens, den ich als Sparringspartner begleite, hatte mich in ein Online-Meeting mitgenommen. Als Gast war ich in der Rolle des stillen Zuhörers, was mir – zugegebenermaßen – manchmal schwer fällt.
Ein Kollege meines Kunden hatte eingeladen und stellte ein neu entwickeltes Konzept vor. Nach meiner Einschätzung war dieser erste Wurf durchaus gut. Nach einer kurzen Präsentation stellte dieser Bereichsleiter die Frage in die Runde: „Was meint ihr zu diesem Entwurf?“ Damit war die – nicht koordinierte – Diskussion eröffnet. Sage und schreibe eine Stunde ging es hin und her. In meist langatmigen Worten zerpflückten die anwesenden Kollegen das Konzept: Nicht ausreichend, nicht gut, und so weiter. In meiner harten, aber treffenden Bewertung kam ich – nur für mich – zum Schluß: Hier wurde viel geredet, aber wenig brauch- und zählbares gesagt.
Nach der Sitzung reflektierten mein Kunde und ich, was passiert war.
Wir waren uns einig: Das Ziel für dieses Online-Meeting war zwar formuliert, jedoch nicht konkret genug. Auch gab es nicht wirklich eine Agenda. Der zentrale Punkt: Der Bereichsleiter, der zur Vorstellung seines Konzeptes eingeladen hatte, hatte einige der Anwesenden vor den Kopf gestoßen. Denn, obwohl deren Verantwortungsbereich ein gutes Stück betroffen war, hatte er seine Ideen nicht mit seinen Kollegen abgestimmt. Gleichwohl hatten diese im Meeting ihren Unmut nicht offen geäußert. Stattdessen wurden in langen, nichtssagenden Sätzen, Nebelkerzen geworfen.
Nach unserer Analyse griff mein Kunde zum Hörer und hatte die zwei, drei Teilnehmer angerufen, die das Konzept zerpflückt hatten. Und tatsächlich: Diese bestätigten ihm im „vertraulichen“ Telefonat: Es ging gar nicht so sehr um die Sache, sondern um die Tatsache, dass einzelne mit der Erledigung von Aufgaben vorgeprescht waren, wodurch sich die anderen übergangen fühlten.
Ich schlug meinem Kunden vor, diese Reflexion mit seinem Kollegen zu besprechen und diesem ein klares Feedback zu geben.
Und tatsächlich passierte das, was in solchen und ähnlichen Situationen immer wieder passiert. Das offene Gespräch öffnet eine neue, bisher nicht gekannte Tiefe des Austausches und Miteinanders. Denn der Feedback-Nehmer nahm die Rückmeldung sehr dankbar auf und gelobte Besserung.
Wie können wir eine „ungesunde“ Entwicklung in einem Meeting erkennen?
Das gelingt uns immer dann, wenn wir mehr und mehr auch Untertöne, Zwischentöne, Mimik und Gestik, Emotionen wahrnehmen. Wenn wir auch auf das hören, was nicht gesagt wird. Wenn wir uns immer mal wieder die Frage stellen: „Welcher Film läuft hier denn eigentlich gerade?“ Was passiert gerade auf der Bühne? Und was passiert gerade auf der Hinterbühne?
Wie können wir die Weichen für eine „gesunde“ Entwicklung stellen?
Das gelingt, wenn wir im nächsten Schritt, in der ehrlichen Reflexion, uns fragen: Was kann ich tun, welches ist mein Beitrag, damit wir wieder in die richtige Spur kommen?
Analyse und Klärung der Beziehungsebene
So lange wir Situationen wie die beschriebene nicht regelmäßig reflektieren und an deren Lösung hartnäckig arbeiten, werden wir die Handbremsen im täglichen Tun nicht lösen. Es braucht dazu – eigentlich – nicht viel. Lediglich einen Raum, indem die Beteiligten sicher sind, dass Sie offen und vorurteilsfrei über ihre Emotionen, ihre Beobachtung, ihre Wahrnehmung, und das, was sie beschäftigt, sprechen können. Und es braucht Zeit. Zeit, um gemeinsam aus den Beobachtungen der Einzelnen die richtigen Schlüsse für das Team, für die Gruppe abzuleiten. Das ist Zeit, die an dieser Stelle weise und ergebnisorientiert investiert ist. Denn: Die Beziehungsqualität wirkt direkt und durchschlagend auf die Motivation, die Identifikation, den Spaßfaktor und auch auf die Ergebnisqualität.
Analyse und Klärung der Sachebene
Fokussieren Sie auf Ergebnisse. Stellen Sie in einem Meeting gleich zu Beginn klar, welches Ergebnis nach einer Stunde erreicht sein soll. Stellen Sie klar, über was im Meeting bewusst nicht gesprochen werden soll. Bestehen Sie höflich hartnäckig auf die Einhaltung der Struktur, wenn Diskussionen aus dem Ruder zu laufen scheinen. Notfalls arbeiten Sie mit Zeitvorgaben für Redebeiträge. Ja, das ist ungewohnt, aber es hebelt den Meetingerfolg. Stellen Sie klar, dass offene Fragen, Bedenken klar und kurz zu formulieren sind und packen Sie diese in ein Backlog, auf eine Liste offener Punkte. Und: Sorgen Sie dafür, dass die offene Reflexion des jeweiligen Prozesses wie oben beschrieben regelmäßig Teil der Agenda ist.
Soweit meine Gedanken, ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Erleben Sie ähnliche Situationen? Wie gehen Sie damit um? Welche Hürden im Miteinander würden Sie gerne aus dem Weg räumen? Welche Best Practice Beispiele für ein gutes und stimmiges Miteinander fallen Ihnen ein?
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Bis dann und beste Grüße!
Thomas Kiefer
Fotonachweis: Thomas Kiefer / Rawpixel – shutterstock
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